Adenauers Ostpolitik

Der Bundeskanzler und die Sowjetunion 1955-1963

Im September 1955, nach fünftägigen Regierungsverhandlungen in Moskau, nahmen die Bundesrepublik Deutschland und die Sowjetunion offizielle Beziehungen auf. 

Von diplomatischer Normalität konnte allerdings keine Rede sein. Die Beziehungen waren belastet durch die traumatischen Gewalterfahrungen des Zweiten Weltkriegs, die politisch-ideologische Frontstellung im Ost-West-Konflikt und die deutsche Teilung. Gleichwohl nutzte Bundeskanzler Konrad Adenauer den Kanal, um Spielräume auszuloten und die Weltsicht der Kremlführer besser zu verstehen. Hinter verschlossenen Türen, gegenüber dem langjährigen sowjetischen Botschafter in Bonn, Andrei Smirnow, zog er alle Register und sprach bisweilen erstaunlich ungeschützt. 

Der neue Band der „Rhöndorfer Ausgabe“ dokumentiert Adenauers Direktkontakte mit sowjetischen Funktionären und Diplomaten. Gedruckt sind hier die Protokolle der berühmten Moskau-Reise von 1955 und die Dolmetscheraufzeichnungen der Botschaftertermine im Kanzleramt. Flankiert wird die Überlieferung durch die Korrespondenzen der Regierungschefs sowie interne Denkschriften und weitere Gesprächsprotokolle, die vertiefte Einblicke in Adenauers Russlandbild gewähren.

Aus den Quellen ergibt sich ein vielschichtiges Bild von „Adenauers Ostpolitik“, die auf Entschlossenheit und Abschreckung setzte, aber auch offen war für Abrüstung und Entspannung. Damit wurde der spannungsvolle Rahmen abgesteckt, in dem sich die Nachfolger des ersten Bundeskanzlers bis heute bewegen.
 

  • Stefan Creuzberger/Dominik Geppert (Hg.)
    Adenauers Ostpolitik. Der Bundeskanzler und die Sowjetunion 1955–1963
    Bearbeitet von Holger Löttel
    Göttingen 2025