Unsere Originale

Adenauers Krimi-Bibliothek

Der Bundeskanzler las gerne Agatha Christie.
Eine Reihe in einem Bücherregal mit Kriminalromanen. Ein Taschenbuch von Agatha Christi ist halb herausgezogen.

Diese Farben dominierten damals so manche Krimi-Bibliothek: Die schwarz-weiß gestreiften Buchrücken der Kriminalromane aus dem Schweizer Scherz Verlag sind auch in den Bücherregalen des Kanzlers in einem Raum im ersten Stock seines Wohnhauses in großer Zahl zu finden. Auch rot ist gut vertreten – vor allem in Form der Taschenbücher aus der Krimireihe des Münchener Goldmann Verlags. Adenauers Krimis weisen deutliche Gebrauchsspuren auf und machen insgesamt einen recht abgegriffenen Eindruck. Kein Wunder, denn für das beliebte, aber literarisch (zumindest damals) nicht besonders hoch angesehene Genre war eine preisgünstige, massentaugliche Produktion der Bücher ein Schlüssel zum Erfolg. Es gibt aber Ausnahmen: In Adenauers Krimi-Bibliothek findet sich zum Beispiel auch eine aufwendig gebundene, siebenbändige und gut erhaltene Ausgabe mit Schutzumschlag – Die Fälle des Sherlock Holmes von Arthur Conan Doyle.

Um festzustellen, dass Adenauer Krimi-Fan war, bedarf es also keiner weiteren Nachforschungen. Auf seinem Lieblingsplatz im Wohnzimmer, auf dem Sofa, las er so manchen Roman von Agatha Christie oder Edgar Wallace. Überhaupt stehen die meisten Autoren in Adenauers Bibliothek in der Tradition der klassischen englischen detective novel. Die amerikanischen Autoren, die mit ihren abgebrühten und moralisch ambivalenteren Privatermittlern bewusst mit dieser Tradition brachen, sind vergleichsweise seltener anzutreffen. Einer dieser moderneren US-amerikanischen Autoren, der es in Adenauers Krimibibliothek geschafft hat, ist der Kalifornier Ross Macdonald. Doch dessen Krimis trafen wohl nicht immer Adenauers Geschmack. Im Buch Gänsehaut (im amerikanischen Original: The Chill) hielt Adenauer handschriftlich mit Bleistift sein Urteil über die Geschichte fest: „Schlecht“.